Der Überfall
Am 10. Dezember 1941 war viel Schnee gefallen. Die ersten Kanonenschüsse waren gegen Mittag zu hören, dann Gewehre und Maschinenpistolen ganz nahe am Kloster. Am späteren Nachmittag war der Klostergrund ein Schlachtfeld. Zahllose Granaten explodierten. Mit wildem Geschrei näherten sich die Horden dem Kloster. Vier Schwestern waren im Haus. Sr. Krizina, Sr. Antonija und Sr. Bernadeta eilten ins Dachgeschoss, um den Hausgeistlichen, den slowenischen Priester Franc Ksaver Meško, um die Absolution zu bitten. Sie ließen sich auch von seinem Zureden nicht ablenken. Schon platzte der Anführer in den Raum. Wie Meško ihn beschreibt, ein etwa vierzigjähriger, sehr dünner, sehr blasser Mann mit schwarzem Bart, ruhelos und nervös. Mit Kolbenstößen und der wiederholten Drohung zu schießen trieb er die Bewohner des Hauses zusammen. Die 76 jährige Sr. Berchmana wurde aus ihrem Zimmer gezerrt. Sie trug Hausschuhe.
Sr. Jula, die Hausoberin, kam gerade von einer Besorgung zurück und hatte die Vorgänge aus dem Nachbarhaus beobachtet. Sie machte keinen Gebrauch von der Möglichkeit zu fliehen, sondern schickte nur den Hausdiener, der sie begleitet hatte, in den Wald. Er konnte sich tatsächlich retten und lebte noch viele Jahre. Sr. Jula aber gesellte sich zu ihren Mitschwestern. Die Gruppe wurde bei bitterer Kälte in Hauskleidung abgeführt.
Sofort nachdem die Gefangenen das Haus verlassen hatten, setzte die Plünderung ein. Sie dauerte 12 Stunden und war gründlich. Nichts, was auch nur den geringsten Wert hatte, blieb zurück. Lebensmittel, Wintervorräte, Möbel, Türen und Fensterläden, drei Schweine und zwei Kühe; was die Männer übrigließen, holten die Frauen, die sich wartend vor dem Haus versammelt hatten. Um vier Uhr früh, als das Haus völlig kahl und leer stand, wurde Feuer gelegt und alle Gebäude brannten bis zu den Grundmauern nieder. Drei volle Tage loderten die Flammen und die dicke schwarze Rauchsäule konnte man noch in Sarajevo sehen.
Sobald nur irgend möglich kamen Schwestern aus dem Provinzhaus, um im Auftrag der Provinzoberin nach den Mitschwestern zu sehen. Vergeblich! Keiner wusste mehr, als dass man sie an einen unbekannten Ort verbracht hatte. Unter den Trümmern der verbrannten Kapelle fanden sie den verschlossenen Speisekelch mit 5 deutlich erkennbaren verkohlten Hostien, heute eine kostbare Ikone der Hingabe in der gewachsenen Spiritualität der Töchter der göttlichen Liebe.